Dezentral ist erste Wahl

Innovative Notlichtkonzepte und Techniken für mehr Sicherheit

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Oberstes Ziel der Sicherheitsbeleuchtung ist es, Menschen bei Ausfall der allgemeinen Stromversorgung sicher aus einem Gebäude zu leiten, mögliche gefährliche Arbeitsabläufe beenden zu können sowie Brandbekämpfungs- und Sicherheitseinrichtungen aufzufinden.

Innovative Konzepte sorgen in diesem Zusammenhang für mehr Sicherheit – und Einsparungen.

Eine Vielzahl an Regelwerken gibt Auskunft über das Erfordernis einer Sicherheitsbeleuchtung. Wie diese einzurichten ist, wird in verschiedenen Normen beschrieben, beispielsweise der DIN EN 50172, der DIN EN 1838 sowie der sich in Überarbeitung befindlichen Normen DIN V VDE V 0108-100 und DIN VDE 0100-560. Sie stellen eine unverzichtbare Hilfe für die Erreichung der Schutzziele dar.

Komplikationen in der Bauphase

Ein hohes Sicherheitsniveau sollte oberstes Gebot sein, wenn es um Menschen geht – es wird aber in der Praxis oft durch unvorhergesehene Probleme negativ beeinflusst. In der Bauphase treten bereits häufig Komplikationen auf.

  • Wenn der Funktionserhalt wegen Denkmalschutz-Auflagen nicht umgesetzt werden kann.
  • Bei der Leitungsführung müssen Kompromisse eingegangen werden (Behinderung anderer Gewerke)
  • Die Prüfpflichten des Betreibers werden nicht erfüllt/vernachlässigt.
  • Das eingesetzte System ist mangelhaft oder schlecht gewartet.
  • Störungen werden nicht umgehend behoben.
  • Wenn der Betreiber nicht ausreichend über seine Pflichten aufgeklärt wird, fühlt sich niemand für die Sicherheitsbeleuchtung verantwortlich.
  • Mangelnde Akzeptanz der Sicherheitsbeleuchtung führt häufig zu Aussagen wie „Die Sicherheitsbeleuchtung kostet doch nur Geld“ oder „Ich kenne seit 30 Jahren jeden Winkel des Gebäudes. Da brauche ich keine Sicherheitsbeleuchtung“.
  • Wenn das Notlichtkonzept schlecht ist, widersprechen Projekte mit mehreren Hundert, teilweise mehreren Tausend Einzelbatterieleuchten oder zentrale Notlichtkonzepte, bei denen über Tausend und mehr Lichtpunkte über eine Anlage versorgt werden, einem sinnvollen Sicherheitskonzept.

Vernachlässigung von Brand- und Verrauchungsgefahr

Bei der Konzeption der Sicherheitsbeleuchtung werden die Gefahren Brand und Verrauchung erfahrungsgemäß nicht betrachtet. Bei Verrauchung jedoch

  • wird die Allgemeinbeleuchtung unwirksam.
  • werden be- oder hinterleuchtete Sicherheitszeichen unwirksam.
  • sind Orientierung und Atmung nur noch in Bodennähe möglich

Verrauchung kann also dazu führen, dass die Sicherheitsbeleuchtung ihren Zweck nicht mehr erfüllt und gefährdete Menschen in einem Gebäude durch die statische Rettungswegkennzeichnung sogar in verrauchte Bereiche hineingeführt werden. Die Lösung: elektrisch betriebene, dynamische Fluchtwegleitsysteme, die in Kombination mit der Sicherheitsbeleuchtung ein sicheres Verlassen des Gebäudes unterstützen. Solche Systeme kommen immer häufiger zum Einsatz, zumal sie in Brandschutzgutachten und Gefährdungsbeurteilungen zunehmend gefordert werden.

Dezentrale Konzepte bieten mehr Sicherheit

Zeitgemäße, zentrale Stromversorgungssysteme mit Leistungsbegrenzung sind für die dezentrale Versorgung einzelner Brandabschnitte konzipiert. Dank der Begrenzung der maximal zu betrachtenden Brandabschnittsgröße von 1.600 Quadratmetern und des Einsatzes von LED-Leuchten können kleine, kostengünstige Geräte eingesetzt werden.

Insbesondere im Vergleich mit dem zentralen Anlagenkonzept werden die Vorteile des dezentralen Anlagenkonzepts deutlich. Die Bilder 1 und 2 zeigen ein zentrales Anlagenkonzept unter Einsatz eines Zentralbatteriesystems (CPS) in einem mehrgeschossigen Gebäude. Geschosse und notwendige Treppenhäuser sind jeweils als eigene Brandabschnitte festgelegt. Aufgrund der zentralen Versorgung der Brandabschnitte über die CPS muss die Leitungsanlage bis in den zu versorgenden Brandabschnitt gemäß (M)LAR in Funktionserhalt ausgeführt werden.

Das CPS-Gerät wird in einem eigenen Raum mit Funktionserhalt untergebracht. Ein wesentlicher Nachteil dieses Konzepts: Bei Unterbrechung der E30-Leitung an einer beliebigen Stelle fällt in allen nachgeschalteten Bereichen die Sicherheitsbeleuchtung komplett aus. Ein Nachteil, der sich dadurch kompensieren bzw. einschränken lässt, dass die Stromkreise einzeln in die jeweiligen Brandabschnitte verlegt werden (Bild 2) oder die Versorgung der Unterstationen sternförmig von der CPS erfolgt. Beides führt allerdings zu einem erheblich größeren Aufwand an Funktionserhalt. Bei der Auswahl der Leitungsquerschnitte ist auch zu beachten, dass durch den Anstieg des spezifischen elektrischen Widerstands im Brandfall ein deutlich größerer Leitungsquerschnitt vorgesehen werden muss als bei Leitungen ohne erforderlichen Funktionserhalt.

Ein Beispiel:

In einem Gebäude mit drei Brandabschnitten beträgt die Gesamtleitungslänge eines Stromkreises 100 Meter. Die größte Leitungslänge in einem der Brandabschnitte beträgt 60 Meter. Es fließt ein Verbraucherstrom von I = 2 A. Daraus lässt sich folgender Leitungsquerschnitt für einen Funktionserhalt von 30 Minuten bei Batteriebetrieb berechnen:

mit

Lkalt=40 m
Lwarm=60 m
ρ20=spezifischer, elektrischer Widerstand für Cu bei 20 °C (0,0178 Ωmm²/m)
ρwarm=spezifischer, elektrischer Widerstand für Cu bei 842 °C (0,0749 Ωmm²/m)
(Temperatur gem. Einheitstemperaturkurve)
dU=5,83 V

(Hinweis: Gem. DIN EN 50171 darf die Ausgangsspannung am Ende der Betriebsdauer nicht geringer als 90 % der Nennspannung der Batterie betragen → 216 V × 0,9 = 194,4 V – z. B. für Zentralbatteriesysteme. Max. Spannungsfall 3 % gemäß DIN VDE 0100-520 → dU=194,4 V × 0,03 dU = 5,83 V)

Zum Vergleich wäre ein Leitungsquerschnitt ohne Funktionserhalt von Akalt=1,22 mm² (gewählt: Akalt=1,5 mm²) ausreichend. Daraus ergibt sich ein Faktor von

Soweit die theoretische Betrachtung.

Die Firma Datwyler gibt für dieses Beispiel einen Faktor von 1,95 an, der auf eigenen Temperaturmessergebnissen für deren E30-Leitungen basiert.

Die Muster-Hochhausrichtlinie fordert bis zur geschossweisen Verteilung sogar einen Funktionserhalt von 90 Minuten.

Das bedeutet, dass für das genannte Beispiel der erforderliche Querschnitt für die E90-Leitung mindestens das 3-Fache des Querschnitts ohne Funktionserhalt betragen würde. 

Ein weiterer Nachteil: Die gesamte Sicherheit lastet auf einer einzigen Batterie. Bei Ausfall dieser Batterie im Falle eines Versagens der allgemeinen Stromversorgung, wäre die Sicherheitsbeleuchtung im ganzen Gebäude ohne Funktion. Die Praxis zeigt, dass hier ein erhebliches Sicherheitsrisiko bestehen kann. Insbesondere bei Anlagen mit einer Vielzahl an Lichtpunkten und Unterstationen sollte mindestens ein zweites Gerät eingeplant und die Versorgung der einzelnen Brandabschnitte redundant aufgebaut werden. So wird auch ermöglicht, dass Prüfungen von längerer Dauer zu Zeiten mit niedrigem Risiko durchgeführt werden können.

Vorteile des dezentralen Konzepts im Detail

Mittelpunkt des dezentralen Anlagenkonzepts ist die autarke Betrachtung der Brandabschnitte: Die gesamte Sicherheitsbeleuchtung wird nur innerhalb des jeweiligen Brandabschnitts versorgt.

In der Folge ist kein Funktionserhalt erforderlich und eine aufwendige Planung von Leitungen in Funktionserhalt entfällt – und damit auch Kosten. Vor allem in denkmalgeschützten und historischen Gebäuden macht sich der mögliche Verzicht auf Funktionserhalt bemerkbar.

Der größte Vorteil jedoch: ein deutlich höheres Sicherheitsniveau. Dank der unabhängigen Versorgung der einzelnen Brandabschnitte wäre ein Ausfall eines Geräts nur auf den jeweiligen Brandabschnitt begrenzt, sodass weiterhin eine hohe Verfügbarkeit des Sicherheitsbeleuchtungssystems gewährleistet bliebe.

Ist eine Versorgung von Treppenhäusern mit autarken Geräten geplant, ist es sinnvoll, die Unterbringung mit dem Brandschutz- oder Elektrosachverständigen zu klären, da eventuell besondere Anforderungen (Vandalismus, Verrauchung, technischer Defekt) bestehen könnten.

Mithilfe eines geschickten Stromkreiskonzepts kann oft auf autarke Geräte und damit auf Lösungen für deren Unterbringung verzichtet werden. Bild 4 zeigt eine Lösung, die sich in der Praxis vielfach bewährt hat: Aus jedem Gerät wird jeweils ein Stromkreis in das Treppenhaus geführt und je eine Leuchte im darüber- und darunterliegenden Geschoss versorgt. Fällt ein Gerät aus, sind nur zwei Leuchten in einem Treppenhaus betroffen. Durch die Versorgung der übrigen Leuchten aus separaten Geräten der anderen Geschosse bleibt eine ausreichende Sicherheitsbeleuchtung gewährleistet.

Anstelle statischer Rettungszeichenleuchten werden dynamische Rettungszeichenleuchten eingesetzt, die im Normalfall die Fluchttüren wie eine statische Rettungszeichenleuchte kennzeichnen. Kommt es zu einer Verrauchung des Treppenhauses, wird der Zugang durch ein blinkendes rotes Kreuz als gesperrt gekennzeichnet. Im Wechsel mit einem blinkenden grünen Pfeil kann zusätzlich die alternative Fluchtrichtung in das zweite Treppenhaus angezeigt werden. Auf diese Weise wird verhindert, dass Menschen in einen verrauchten Bereich flüchten. Ein möglicher Ausfall der Stromkreise in den Treppenhäusern würde die Sicherheitsbeleuchtung in den einzelnen Geschossen nicht negativ beeinflussen, da die dortige Versorgung über separate Stromkreise erfolgt.

Die Vorteile des dezentralen Konzepts im Überblick:

  •  kein Funktionserhalt erforderlich
  •  keine zusätzliche Brandlast im Treppenhaus
  •  hohes Sicherheitsniveau durch mehrere autarke Geräte
  •  hohes Sicherheitsniveau im Treppenhaus durch mehr als die nach Norm geforderten zwei Stromkreise
  •  keine Verletzung des Schutzziels
  •  höhere Planungssicherheit durch bereichsund brandabschnittsweise Planung
  •  Berücksichtigung von Brand und Verrauchung

Höhere Anlagensicherheit durch Einzel-LED-Überwachung

Seit langem hat sich die Einzelleuchtenüberwachung (Bild 5) als Stand der Technik durchgesetzt und ist ein wichtiger Sicherheitsfaktor bei der Planung einer Sicherheitsbeleuchtung.

Der zunehmende Einsatz der LED-Technik bringt nicht ausschließlich Vorteile mit sich: Führte früher der Ausfall einer Leuchtstofflampe in der Regel auch zum Abschalten der vorgeschalteten Betriebsgeräte und folglich zu einer Fehlermeldung des Sicherheitsbeleuchtungssystems, ist das bei LEDs nicht selbstverständlich. Deutlich weniger als 3 % der LEDs fallen durch Unterbrechung aus und würden dadurch zu einer sicheren Fehlermeldung führen. Bei mehr als 97 % der LEDs ist ein Kurzschluss die Ausfallursache (Bild 6). Sind mehrere LEDs in Reihe geschaltet oder im Fall einer Kombination aus einer Reihen-Parallelschaltung von LED-Strängen, fällt der Kurzschluss selbst mehrerer LEDs nicht auf, da weiterhin ausreichend Strom am Ausgang des Betriebsgeräts fließt und die noch intakten LEDs die ausgefallenen durch eine erhöhte Helligkeit optisch kompensieren würden. Für LED-Sicherheits- und -Rettungszeichenleuchten optimierte Betriebsgeräte können durch probate Messverfahren Ausfälle durch Kurzschluss oder Unterbrechung erkennen und umgehend eine Leuchtenstörung melden.

Durchdachte Leuchtenabstände für mehr Sicherheit

Lichttechnisch optimierte, asymmetrische LED-Optiken ermöglichen die Ausleuchtung schmaler Flucht- und Rettungswege mit Leuchten mit nur einer LED, was Leuchtenabstände von über 35 Metern ermöglicht. Es scheint zwar ein Vorteil, dass in der Folge die benötigten Sicherheitsleuchten reduziert werden können, jedoch ist die Konsequenz auch ein deutlich geringeres Sicherheitsniveau: Bei Ausfall einer Leuchte auf einer Länge von bis zu 70 Metern ist keine oder nur eine stark reduzierte Ausleuchtung des Flucht- und Rettungswegs gewährleistet. Für solche Leuchten ist die Einzel-LED-Überwachung von besonderer Bedeutung. Ein Abstand der Sicherheitsleuchten von maximal zwölf Metern sollte aus sicherheitstechnischen Aspekten nicht überschritten werden.

Höhere Anlagensicherheit durch zyklische Batterieüberwachung

Herzstück eines jeden Sicherheitsbeleuchtungssystems ist die Batterie. Fällt sie aus, ist kein Notlichtbetrieb mehr möglich. Eine jährliche Inspektion und Prüfung der geforderten Nennbetriebsdauer ist zwar vorgeschrieben, mangelhafte Batterien werden zwischen den Wartungsintervallen allerdings nur selten erkannt. Die Folge kann eine Batterie sein, wie sie in Bild 8 zu sehen ist.

Die Lösung des Problems können Batteriekontrollsysteme sein, die durch eine permanente Überwachung und Auswertung der Einzelblockspannungen und -temperaturen auffällige Batterien erkennen, melden und dokumentieren (Bild 9). Dies ermöglicht eine schnelle Störungsbeseitigung und Wiederherstellung des Sicherheitsniveaus. Um mögliche Gefahren durch defekte Batterien zu vermeiden, kann die Ladung bis hin zur Abschaltung angepasst werden.

Der Weg zur besten Lösung

Es gibt viele Möglichkeiten, das Sicherheitsniveau einer Sicherheitsbeleuchtung deutlich aufzuwerten: innovative Techniken, Notlicht- und Anlagenkonzepte. Bei der Auswahl und Erarbeitung sind baurechtliche, arbeitsschutzrechtliche sowie normative Vorgaben zu berücksichtigen. Eine kritische Betrachtung mit gesundem Menschenverstand sollte dabei stets gegenüber einer rein pragmatischen Bewertung im Vordergrund stehen.

Es hängt unter anderem von der Art und Größe der baulichen Anlage, deren Nutzung, den baulichen Voraussetzungen sowie wirtschaftlichen Gesichtspunkten ab, welches System zum Einsatz kommt. Bei der Bewertung dieser Kriterien ist besonderes Augenmaß unter Berücksichtigung des zu erreichenden Schutzziels gefragt. In jedem Fall sollten alle Projektbeteiligten in die Konzepterstellung einbezogen werden, um ein tragfähiges Ergebnis zu erzielen.

 

Fotos: INOTEC Sicherheitstechnik GmbH, fotoplanner | panthermedia.net

Mit freundlicher Genehmigung von elektropraktiker, www.elektropraktiker.de